Moderne Theaterinszenierungen sind für Schauspieler manchmal eine echte Herausforderung. Sie müssen mit Küssen, Nacktheit und Blut auf der Bühne umgehen – und kriegen dann mitunter schlechte Kritiken. Wie das einen Schauspieler beeinflusst, erzählt Clemens Dönicke vom Staatstheater Mainz.
Er hat nie an seiner Berufswahl gezweifelt, sagt er. Seit seiner Schulzeit spielt Clemens Dönicke Theater. Was an ihm als Erstes auffällt, ist seine markante, kräftige Stimme und gleich danach seine unglaubliche Gelassenheit. Clemens Dönicke sieht die Schauspielerei als Dienstleistung und nicht als Mittel zur Selbstdarstellung. Die Schauspielerei gleiche eher als einen Handwerksberuf. Natürlich gebe es auch Momente, in denen er sich mit einer Rolle nicht wohl fühle. „Aber das gehört alles dazu“, sagt er. Es geht ihm darum, schauspielerisch möglichst viel zu leisten – deshalb fühlt sich Clemens Dönicke an kleineren Stadttheatern wohler als in großen Ensembles wie dem Hamburger Thalia-Theater.
Für die Ohren: Von den Proben bis zur Aufführung – Clemens Dönicke im Porträt.
Von 10 bis 14 Uhr und von 18 bis 22 Uhr ist Clemens Dönicke fast jeden Tag an seinem Arbeitsplatz. Er freut sich, dass er auf diese Art den Nachmittag mit seiner Familie verbringen kann. Seine Frau versteht den ungewöhnlichen Tagesablauf. Sie arbeitet selbst als Dramaturgin am Staatstheater.
Für viele Zuschauer ist jedoch die Theaterwelt eine unbekannte. Wie sieht es hinter den Kulissen des Theaters aus? Die Fotostrecke begleitet Clemens Dönicke vom dunklen Probenraum über die Maske bis zu seinem Auftritt auf der Bühne.
Für die Augen: Ein Tag am Theater mit Clemens Dönicke
- Clemens Dönicke (vorn) ist seit letztem Herbst Schauspieler am Staatstheater Mainz. Sein Kollege Henner Momann (hinten) sagt über ihn: „Clemens ist ein sehr inhaltlicher Kollege. Er ist nicht nur daran interessiert, wie etwas erzählt wird, sondern auch was.“ Foto: David Ehl
- Clemens Dönicke während den Proben zu Shakespeares „Antonius und Cleopatra“: Fast jeden Tag ist er mittags und abends vier Stunden im Theater, um Stücke durchzugehen oder aufzuführen. Foto: David Ehl
- Regisseurin Claudia Bauer (stehend) hat genaue Vorstellungen von ihrer sehr modernen Version des Shakespeare-Stückes. Noch kurz vor der Premiere von „Antonius und Cleopatra“ werden viele Dinge ausprobiert, geändert und verworfen. Foto: David Ehl
- Manchmal probt Clemens Dönicke am Vormittag für ein Stück und führt abends ein anderes auf. Für ihn kein Problem: „Durch die Abwechslung wird es nicht langweilig“, sagt er. Foto: David Ehl
- Auf einmal bricht am Mittag Hektik aus. Die Bühne des Kleinen Hauses sei kurzfristig frei geworden. Die Schauspieler nutzen die Gelegenheit und ziehen um. Hier proben sie die Schlussszene. Foto: David Ehl
- Totstellen auf der Showtreppe: Sein Handwerk hat Clemens Dönicke an der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig gelernt. „Ich komme von einer Ostschule, da wird das Fühlen nicht so groß geschrieben“, erklärt Clemens. „Wie Brecht einmal gesagt hat: Man soll nicht auf der Bühne weinen, sondern im Zuschauerraum.“ Foto: David Ehl
- Warten und Diskutieren sind elementare Bestandteile der Probenarbeit. Doch Clemens Dönicke fällt mit seiner großen Geduld und Ruhe auf. Vorschlägen der Regisseurin widerspricht er nicht, sondern setzt sie sofort um. Foto: David Ehl
- Zurück im Probenraum: Es ist Zeit für Clemens Dönickes Schlüsselszene. Er verkörpert im Stück den Antonius, der letztendlich komplett die Kontrolle über sich selbst verliert. Seine ruhige Art aus dem Alltag ist verschwunden – auf der Bühne verausgabt Clemens Dönicke sich völlig. Foto: David Ehl
- Der Ausdruck vollkommener Verzweiflung: Antonius/Clemens Dönicke kann nicht fassen, dass ihm sein Leben aus den Händen gleitet. Clemens selbst ist an seiner Berufswahl nie verzweifelt. Sein Weg führte ihn an Theater in Hamburg, Heidelberg und Osnabrück. „Das Umziehen ist schon irgendwann nervig, vor allem für die Familie.“ Foto: David Ehl
- An kleineren Stadttheatern wie in Mainz gefällt es Clemens Dönicke besser als zum Beispiel am Thalia-Theater in Hamburg. „Man will sich ja nicht immer nur freuen, dass die Kollegen in der Mitte den Applaus kriegen“, sagt er. In kleineren Ensembles könne er seinen Beruf viel freier ausüben. Foto: David Ehl
- Clemens Dönicke geht es darum, den Menschen eine Geschichte zu erzählen, aus der sie für sich etwas mitnehmen können. Selbstverwirklichung spielt für ihn keine Rolle. „Was mich an der Schauspielerei fasziniert, ist die Auseinandersetzung mit Mensch-Sein.“ Foto: David Ehl
- Bis ein Ensemble zusammen funktioniert, dauere es eine Weile, erklärt Clemens Dönicke. „Natürlich gibt es erst Hemmschwellen vor Nacktheit und Küssen“, gibt er zu. „Wenn diese Stilmittel im Stück einen Sinn ergeben, spiele ich das gerne.“ Foto: David Ehl
- Videoübertragung kommt in der modernen Version von „Antonius und Cleopatra“ auch zum Einsatz. Deshalb… Foto: David Ehl
- …kontrolliert Clemens Dönicke vor jeder abendlichen Vorstellung das Equipment und die Requisiten. Wenn er das aus Zeitgründen einmal nicht schafft, fühlt er sich unsicher. Andere Rituale hat er aber nicht. Foto: David Ehl
- Clemens Dönicke in der Maske: Von Nervosität keine Spur. Die Kritiken eines Stücks beeinflussen Clemens‘ Stimmung aber schon. „Wenn alles gelobt wird, geht man natürlich mit mehr Selbstbewusstsein auf die Bühne.“ Foto: David Ehl
- Wegen Szenen wie dieser angedeuteten Orgie gab es für „Antonius und Cleopatra“ viele Verrisse. Das ärgert Clemens Dönicke schon ein bisschen. Er sagt: „Man will ja immer verstanden werden.“ Dennoch versucht er mitunter sogar, aus den Zeitungsberichten Verbesserungsvorschläge mitzunehmen. Foto: Bettina Müller
- Während des Stückes verlassen immer wieder Zuschauer den Saal. „Man bekommt die Reaktionen des Publikums auf der Bühne sehr genau mit“, sagt Clemens Dönicke, „sowohl die positiven, als auch die negativen.“ Foto: Bettina Müller
- Die Schlüsselszene: Clemens Dönicke als sich verlierender Antonius. Stücke der großen Meister wie Shakespeare spielt er gern. „Es hat schon seinen Grund, warum diese Werke seit Jahrhunderten immer wieder aufgeführt werden.“ Foto: Bettina Müller
- Fünf divenhafte Cleopatras treiben Antonius/Clemens Dönicke in den Wahnsinn und schließlich in den Bühnentod. Er findet: „Theater sollte andere Sichtweisen auf die Dinge anbieten und damit vielleicht sogar die Welt ein bisschen besser machen.“ Foto: Bettina Müller
- So sieht die Schlussszene der fertigen Vorstellung aus. Clemens Dönicke hat als Regisseur auch schon einige Male selbst inszeniert. Vorerst will er sich aber nur der Schauspielerei widmen – „solange das noch Spaß macht.“ Foto: Bettina Müller
- Nach der Vorstellung ist Zeit für ein Bier und ein Gespräch. Clemens Dönicke fand den Auftritt „ganz gut“ und ist zufrieden. Neben dem Beruf steht für ihn die Familie an erster Stelle. Zuhause warten bereits seine Frau und seine dreijährige Tochter auf ihn. Foto: David Ehl
(Text, Audio: Friederike Ostwald)
(Beitragsbild: David Ehl)
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